China erhält ein neues Normungsgesetz

Am 4. November 2017 hat die die Volkrepublik China nach 29 Jahren und vielzähligen Überarbeitungsrunden ein neues Normungsgesetz veröffentlicht.

Der Vorgänger des Gesetzes wurde 1988 gemäß den Ansprüchen einer Planwirtschaft entworfen und seitdem nicht mehr angepasst. Das alte Gesetz entsprach somit schon längst nicht mehr Chinas Ziel, eine Normungsnation zu werden und hielt auch den Anforderungen der Globalisierung nicht mehr stand. Im Jahr 2015 erschien bereits ein detaillierter Plan zur Reformierung des chinesischen Normungssystems, welcher die Überarbeitung des Normungsgesetzes bis Juni 2016 vorsah. Mit einer Verspätung von eineinhalb Jahren, bietet das neue Gesetz nun einen aktuellen Rechtsrahmen für die chinesische Normung. (Nähere Erläuterungen zur Reform des chinesischen Normungssystems, finden Sie auch in meinem Buch über Normung in China )

Das neue Normungsgesetz ist in sechs Kapitel unterteilt.

Darunter die allgemeinen Bestimmungen, die Formulierung und Implementierung von Normen, Kontrolle und Verwaltung, gesetzliche Verpflichtungen sowie Zusatzbestimmungen. Der folgende Abschnitt fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

(1) Das neue Normungsgesetz unterscheidet fünf verschiedene Normentypen. Darunter nationale, Industrie-, lokale, gesellschaftliche (social organization standards) und Unternehmensnormen. Die nationalen Normen können nach wie vor als verpflichtend (mandatory) oder als Empfehlung ausgesprochen werden. In China gelten verpflichtende Normen als rechtsverbindlich. Dies bezeichnet somit den bedeutendsten Unterschied zu unserem Normungsverständnis, da Normen bei uns generell einen freiwilligen Status einnehmen. Somit gilt in China bereits die unterlassene Anwendung einer verpflichtenden Norm als Gesetzesverstoß. (Zur genaueren Erläuterung verpflichtender Normen, siehe auch „Standardization in China“ , Kapitel 4.3.3.)

(2) Der Staat ermutigt zur Mitwirkung bei der Erarbeitung internationaler Normen. Gleichzeitig sollen internationale Normen übernommen werden, allerdings soll darauf geachtet werden, dass sich diese im Einklang mit den nationalen Bedingungen und Bedürfnissen befinden. Im Zweifel werden die Normen an den chinesischen Markt angepasst. In der Praxis führt dies zu internationalen Normen mit chinesischen Eigenschaften.

(3) Hierzu passt weiterhin, dass China die Normung heimischer Technologien insbesondere in technologisch wichtigen Sektoren, den strategischen Wachstumszweigen (strategic emerging industries ‚SEI‘) sowie Grundlagentechnologien fördert – und somit vor allem wachstumskritische Technologien. (Für genauere Erläuterungen des Zusammenhangs zwischen Wachstum und Normung, siehe auch „Standardization in China“ , Kapitel 2.5 sowie Kapitel 7)

(4) Weiterhin adressiert der neue Gesetzestext auch die Bemühung zur Verschlankung des Normungssystems. Diese Bemühungen bildeten bereits im Plan zu Reformierung des Normungssystems ein Kernelement. Beispielsweise sollen Normen nach 5 Jahren auf ihre Relevanz überprüft werden. Lassen sich bestimmte Normen dann nicht mehr länger als angemessen einstufen, werden diese entweder überabeitet oder abgeschafft.

(5) Eine Bezugnahme zum ‚Social Credit System‘ findet sich in Artikel 35 und 37 wieder. (Das Social Credit System umfasst ein Punktesystem bei dem die Eintragung ins Strafregister, politische und soziales Verhalten bewertet und so darüber entscheidet, ob ein Bürger beispielsweise einen Kredit erhält, ein Auto leihen darf, etc.) Dies wird mit dem Gesetz nun auch für die Normung relevant. Der Artikel 35 weist darauf hin, dass jeder dazu aufgerufen ist Verstöße gegen verbindliche Normen (mandatory standards) zu melden und man sich für solche Meldung erkenntlich zeigen wird. In der Praxis wird dies vermutlich durch Social Credits passieren. Gleichzeitig werden nach Artikel 37 Verstöße über entsprechende Gesetze wie beispielsweise dem Verbraucherschutzgesetz verurteilt.

Weitere Informationen zu Normung in China finden Sie im Buch ‚Standardization in China‘ von Sabrina Weithmann.