Was sind Association Standards in China?

Wer oder was sind eigentlich Association Standards, eine Frage die sich häuft.

Ich bekomme immer wieder die Frage, was eigentlich sogenannte ‚association standards‘ in China sind und was dies in der Praxis bedeuten. Einige Unternehmen sind davon auch bereits stark betroffen, daher versuche ich hiermit ein wenig Licht hinter die Frage nach den Association Standards zu bringen. Im Wesentlichen gibt es dazu auch bereits einen sehr guten wissenschaftlichen Artikel von Carl F. Cargill und Liu Hui. Der Fokus des Artikels liegt auf dem Vergleich des US-und des chinesischen Systems. Aus deutscher Sicht muss man also noch ein paar Punkte ergänzen. Den Artikel ‚Setting Standards for Industry – Comparing the Emerging Chinese Standardization System and the Current US System‘ im Volltext und englischer Sprache finden Sie unter folgendem Link auf der Seite des East-West Centers. Außerdem verweise ich einige Male auf Textstellen aus meinem Buch.

Was sind Association Standards?

Cargil und Liu Hui geben dazu eine gute Erläuterung. Association Standards umfassen sowohl Normen, die von Institutionen gesetzt werden als auch solche, die von Allianzen bzw. Kooperation erstellt werden. Beispiele dafür sind fachlich-orientierte Organisationen und Insitutionen, Handelskammern, Verbände und auch industrielle Technologieallianzen. Dabei wird weiterhin noch zwischen gemeinnützigen Organisation und Insitutionen unterschieden und einzelnen Konsortien führender Industrieunternehmen, die sich bspw. zusammenschließen, um den Markt zu dominieren. An sich alles keine Neuigkeiten. Neu daran ist nur, dass China sich nun für seine eigene Normungsarbeit ebenfalls solcher Formen bedient.

Um den Überblick zu behalten, welche Normungsgremien im Rahmen der Association Standards entstehen, wurde eine Plattform ins Leben gerufen. Diese finden Sie hier oder auch über den Hinweis auf der ANSI-Website. Die Plattform ist allerdings nur in chinesischer Sprache verfügbar. Der Internetauftritt hat sich seit Beginn der Plattform auch deutlich verändert. Anfangs glich die Seite noch eher einer Excel-Tabelle, mittlerweile hat die Seite aber auch dem Anschein nach an Bedeutung gewonnen.

Hintergrund der Association Standards

Normen stellen einen wichtigen Übergang dar, um Innovation in den Markt zu bringen. China ist daher bestrebt daran zu arbeiten, Innovation effektiv und auch schnell in den Markt zu bringen. Darin gibt es zunächst keinen Unterschied zu anderen Ländern. Jedoch ist das chinesische Normungssystem ein System, dass aktuell einer weitgreifenden Transformation unterliegt. China versucht ein Normungssystem zu schaffen, das dem globalen Wettbewerb standhält. Ein wesentlicher Schritt dazu ist die Reformierung des bisherigen Normungssystems. Das wohl wichtigste Dokument hierzu ist der ‚2015 Reform Plan‘. Darin werden in drei Stufen die notwendigen Reformschritte beschrieben. Damit soll die Grundlage gelegt werden, um zu einer internationalen Normungsmacht aufzusteigen. (Mehr Infos zum Reformplan dazu in meinem Buch auf S. 186 ff. In meinem Buch verwende ich den weniger gängigen Begriff der ‚group standards‘. Damit wird aber das gleiche wie die ‚association standards‘ bezeichnet). Ein wichtiger Bestandteil des Reformplans war auch die Überarbeitung des chinesischen Normungsgesetzes. Das neue Gesetz ist Anfang 2018 erschienen und bietet nun auch eine rechtliche Grundlage für die Association Standards. Eine Zusammenfassung sowie Einschätzung zum neuen Gesetz finden Sie auch unter diesem Link.

Man kann sicherlich auch sagen, dass die Association Standards unumgänglich waren, um ein Umdenken bei den chinesischen Normern hervorzurufen. Zu lange wurden Normungsgremien von staatlicher Seite kontrolliert und auch fertige Normen der Industrie als Maßstab vorgegeben. In meinem Buch auf S. 158 ff. wird beispielsweise dargestellt, wie chinesische Normungsgremien in der Vergangenheit häufig aufgestellt waren: Aus einem autoritären Vorsitzenden, der zumeist ein Regierungsbeamter war, sowie hörigen Normern. Vom Prinzip also, wie man sich ein Verhältnis nach traditionellem chinesischem Hierarchiedenken vorstellt. Dies ist jedoch für die Schaffung von Normen, die ’state-of-the-art‘ sein sollten, mehr als hinderlich. China hat das vor mittlerweile vielen Jahren erkannt und mit Hilfe einiger, erster, weitgehend unabhängiger Test-Normungsgremien die Association Standards getestet. Und jetzt wird diese Form der Normung auch auf nationaler Ebene ausgerollt. Als Cargill und Liu Hui an ihrem Artikel saßen (2017 erschienen), waren bereits 225 Normungsgremien registriert.

Einfluss auf unser Normungssystem

Cargil und Liu Hui schreiben, dass die Reform im Wesentlichen eine optimale Verteilung von Verantwortlichkeiten zwischen Regierung, der Gesellschaft und dem Markt beabsichtigt. Aktuell muss sich diese Verteilung zunächst noch finden und ausbalancieren. Von chinesischer Seite wurde mir dazu gesagt, dass man keine spezifischen Ziele verfolgt. Man sieht die Association Standards einfach als eine Option und konnte in bisherigen Tests sehr gute Erfahrungen damit sammeln und auch Resultate erzielen. Daher probiert man das jetzt etwas größer und flächendeckender aus. Wer China kennt, liest aus einer solchen Aussage natürlich den typischen experimentellen Ansatz heraus. Derzeit sieht es so aus, als wäre man mit den Entwicklungen der Association Standards recht zufrieden und verfolgt das auf alle Fälle weiter. Ob dies allerdings tatsächlich zu einem Normungssystem nach US-Vorlage führt, bleibt sicherlich abzuwarten. Die Rolle der amerikanischen ANSI ist aktuell sehr schwach, was sich für China nur schwer vorstellen lässt. Zu wichtig ist die Funktion der Normung zur Steuerung der Wirtschaft.

Strategie oder Zufall?

In meinem Buch beschreibe ich den Weg der Normen über drei verschiedene Phasen hinweg (Buch, S. 348). Während ein Land oder Sektor in der ersten Phase wenig entwickelt ist und man auf bestehende, internationale Normen zurückgreift, entwickelt man in der zweiten Phase eigene Normen (siehe hierzu auch folgenden Blog-Eintrag). Diese Normen aus der zweiten Phase weichen häufig von internationalen Normen ab, wenn auch nur minimal. Aber selbst minimale Anpassungen können bereits zu enormen Mehrkosten für Unternehmen sorgen. Schließlich muss man so die Produkte für China anpassen. Macht man dies nicht, kann dies Auswirkungen auf den Marktzugang haben, bspw. durch die Ablehnung eines Produkts im Prozess der Zertifizierung. Allgemein kann man sagen, dass die aktuelle Lage der Association Standards die zweite Phase künstlich aufbläht. Zu dünn scheint die direkte Interaktion der Gruppierungen mit der internationalen Normung. Es ist daher umso wichtiger für deutsche Unternehmen, die chinesischen Normung zum aktuellen Zeitpunkt sehr genau zu beobachten.

Insgesamt lässt sich aber sicherlich sagen, dass China versucht seinen eigenen Weg zu finden, einen der für China passt. Aktuell sieht es so aus, als würden Association Standards für China passen. Jedoch bleibt abzuwarten bzw. ganz genau zu beobachten, wie sich die aktuelle Situation weiterentwickelt. Es ist nur schwer vorstellbar, dass Normen künftig im Wildwuchs und rein privatwirtschaftlich entstehen. Wie bereits beschrieben, ist die Funktion der Normung zu wichtig für die Lenkung der Wirtschaft. Jedoch sollte man sich bewusst machen, dass die dritte Phase meines Modells (Buch, S. 348) China als internationalen Normengeber vorsieht. Es ist daher wichtig einen Rahmen zu schaffen, der eine optimale Schnittstelle und Integration bzw. Harmonisierung chinesischer Association Standards in das internationale Normungssystem bereitstellt – einen Rahmen, der auch für China passt.

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