Eine Einführung in die Autoindustrie China

China ist der größte Automarkt, doch alles hat seinen Anfang

Seit wann wächst der chinesische Automobilmarkt und wer waren die ersten ausländischen Akteure? Wer die Gewinner und wer die Verlierer? Das erklärt euch Sabrina Weithmann in dieser Podcast-Folge etwas genauer.

Eine Beschreibung eines Seminars zur Autoindustrie in China, wie im Podcast beschrieben findet ihr außerdem hier. Und für alle, die sich über Bücher weiterbilden möchten, hier noch die Buchtipps:

Transkript Zur Podcast-Folge: Die Entwicklung der chinesischen Automobilindustrie

Viele Dinge, die man heute im Bereich der Elektromobilität Chinas vorfindet, haben ihre Ursprung im Bereich der Automobilindustrie. Um dem auf den Grund zu gehen, habe ich mich auch intensiv mit der Geschichte und Entstehung der Automobilindustrie befasst. In den letzten Jahren bin ich immer wieder mit Menschen aus der chinesischen Automobilindustrie in Kontakt gekommen, dabei habe ich in vielen spannenden Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass nicht wenigen Vertretern der Automobilhersteller und -zulieferer, trotz vorausgegangenem „China-Training“, kein ausgeprägtes Wissen für die chinesische Automobilindustrie vermittelt wurde.

Durch mein Hintergrundwissen konnte ich oft die Perspektive vieler meiner Gesprächspartner verändern. Daraufhin habe ich beschlossen zu diesem Thema ein Trainingsprogramm zu entwickeln. Seitdem führe ich in meinem Portfolio auch ein Training zur chinesischen Automobilindustrie. Dieses ist besonders für Leute geeignet, die als Expat nach China gehen und dafür ein anderes Verständnis für den chinesischen Automobilmarkt aufbauen möchten, um dann vor Ort effektive und kluge Entscheidungen treffen zu können.

Ich möchte euch heute ein paar Punkte vorstellen, um einen kurzen Einblick zu geben, wie die chinesische Automobilindustrie entstanden ist und aus welcher Richtung sie kommt.

Die Autoindustrie in der Planwirtschaft

Fängt man bei der Gründung der Volksrepublik China an, das heißt 1949, dann würde man bei China nicht unbedingt an einem Autoland denken. Damals besaßen in China nur wenige Menschen ein Auto. Dennoch kann man sagen, dass damals bereits grundlegende Entwicklungen in die Gänge geleitet wurden. 1953 beispielsweise wurden die „First Automobile Works“ (FAW) in Changchun gegründet. Wer schon mal was von Changchun gehört hat weiß, dass VW dort ein großes Werk betreibt. 

1969 wurden die „Second Automobile Works“ in Shiyan gegründet. Diese sind eigentlich einfach eine Kopie der First Auto Works. Man hat dem ersten Werk ein Zweites im Shanghaier Hinterland hinzugefügt. Weil die Autos sowieso nicht zum Export vorgesehen waren, wurde ein Standort im Inland gewählt. Außerdem war die Produktion dort auch besser vor feindlichen Übergriffen geschützt. In diesem Werk wurden unterschiedliche Autotypen hergestellt. Beispielsweise seit 1959 das Modell Fenghuang (Übersetzt: Der Phönix) oder das als Funktionärslimousine bekannte Modell Hongqi. Letzteres wird auch heute noch von den chinesischen Staatsoberhäuptern verwendet. Ganz einfach, weil es aus chinesischer Herstellung stammt.

Ab 1964 wurde dann auch in Serienproduktion hergestellt. Serienproduktion heißt in diesem Fall lediglich circa 3000–5000 Fahrzeuge. Also noch ein ganz anderes Niveau als heute. Verschiedene geschichtliche Ereignisse, wie der große Sprung nach vorn, waren dafür verantwortlich, dass es nur wenige bis gar keine Privatautos gab. Wirklich legalisiert wurde der Privatbesitz von Autos erst 1984. Selbst dann konnte sich allerdings kaum ein Chinese ein Auto leisten. Bis diese Entwicklung wirklich angezogen hat, hat es noch einige Jahre gedauert.

Unter der Führung Deng Xiaoping‘s wurden dann aber die ersten experimentellen Reformen angestoßen. Zu diesem Zeitpunkt gab es immerhin schon 55 Autohersteller in China. Diese Zahl ist bis 1990 weiter auf 124 Hersteller gewachsen.  

Wie VW als eines der ersten westlichen Unternehmen in China kam

Schauen wir uns aber mal ein Unternehmen konkret an. Das beste Beispiel dafür ist VW. Zu den frühen Jahren VW’s in China gibt es auch ein tolles Buch namens „Tausend Tage in Shanghai“ von Martin Posth, einem ehemaliger Vorstandsmitglied von VW und auch Audi. In seinem Buch erzählt er von seiner Zeit in China und wie er dort das erste Werk für VW aufgebaut hat. Dabei muss man bedenken, dass 1985 nur acht Autos auf 1000 Einwohner in China kamen. Zu diesem Zeitpunkt waren Deutschland und die USA schon bei 500 Autos auf 1000 Einwohner.

Dementsprechend gab es natürlich auch keine Infrastruktur. Im Buch wird auch sehr anschaulich beschrieben, wie Shanghai damals aussah. 1985 hatte die Stadt zwar bereits 11 Millionen Einwohner, öffentliche Tankstellen gab es aber nur drei. Ich denke, das sagt bereits sehr viel über die damalige Infrastruktur, besonders den Automobilverkehr betreffend, aus. Die Autopreise wurden zu Beginn der wirtschaftlichen Öffnung zunächst nur von der Regierung festgelegt. Das hat sich erst später geändert.

Wie aber kam VW nach China? Und warum ausgerechnet VW und nicht irgendein anderer Konzern? 1978 war der chinesische Maschinenbauminister für einen Staatsbesuch in Deutschland. Dabei wollte er sich eigentlich Mercedes in Stuttgart anschauen. Zu dieser Zeit aber war der VW-Käfer das beliebteste Auto in Deutschland. Der chinesische Maschinenbauminister hat also neben Mercedes Autos auf der Straße hauptsächlich VW-Käfer zu Gesicht bekommen. Dies soll er so faszinierend gefunden haben, dass er in einer ungeplanten Spontanaktion nach Wolfsburg gefahren ist, um bei VW anzuklopfen und nach einem Termin zu fragen.

Volkswagen hat den Minister kurzfristig empfangen, und so kam dann die erste Chinesisch-Deutsche Zusammenarbeit im Automobilbereich zustande. Auch spannend ist, dass China damals auch Toyota angesprochen hatte, ob diese nicht eventuell ein Joint Venture in China gründen wollten. Diese wollten damals allerdings nicht nach China und haben noch abgewartet. Wenn man heute aber die Marktanteile derer, die bereits sehr früh, und derer, die erst später nach China kamen, vergleicht, dann fällt einem auf, dass es von VW strategisch sehr klug war früh auf den chinesischen Markt gehen. VW hat damals wohl einfach den Zahn der Zeit erkannt und war mutig genug den ersten Schritt zu gehen. Dies ist mit Sicherheit auch ein Grund für die heutige Popularität von VW in China.

VW hat dann die ersten Schritte eingeleitet und musste sich zunächst um Zulieferer kümmern müssen. China hat von Anfang an versucht die Lokalisierung stark voranzutreiben. Damals wurden viele Regularien erlassen, die inzwischen die Basis für die Automobilindustrie, wie sie heutzutage zu finden ist, bilden. Es gibt viele Entwicklungen die daraus resultiert sind. Beispielsweise eine Dezentralisierung der verschiedenen Autohersteller und auch der zahlreichen Gesetze. Diese variieren teilweise von Ort zu Ort sehr stark. Es entstanden viele Staats- und halbstaatliche Betriebe. Seit einigen Jahren gibt es in China auch private, sehr erfolgreiche Automobilunternehmen. Dies liegt unter anderem auch an einem Umschwung in der Förderpolitik.

Seminar zum Thema: Automobilität in China

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gab es viele weitere Meilensteine, die die Automobilindustrie in verschiedene Richtungen gelenkt haben. Unter anderem die Auswirkungen des WTO Beitritts oder auch die Lokalisierung und Etablierung von chinesischen, lokalen Marken.

In meinem Seminar spreche ich über Geschichten zur Entstehung einzelner Automobilkonzerne. Wo beispielsweise kommt Geely her? Und was für Voraussetzungen braucht man um in China sein Unternehmen voranzutreiben? Sollte man alles dem Zufall überlassen oder eventuell doch eine Strategie bilden? In meinem Seminar werden neben diesen noch viele weitere Themen besprochen. Ich erkläre, wie die Unternehmen mehrheitlich aufgebaut sind. Wir sprechen auch darüber, woraus Elektromobilität überhaupt resultiert und warum China so stark dahinterher ist, diese voranzutreiben. Wie hängt das Ganze mit dem Energiemix zusammen?

Um die unterschiedlichen Inhalte auch effektiv unterzubringen und in der Praxis anzuwenden, werden wir danach noch das ein oder andere Spiel mit praktischen Inhalten spielen.

Neben meinen sowohl in-house als auch extern besuchbaren Seminaren ist auch eine Sparring-Partnerschaft sehr effektiv. Dabei können wir über einzelne Punkte in der Automobilindustrie diskutieren und explizite Inhalte erörtern. Häufig ist man in China vor Ort und kann das Handeln der Regierung nicht ganz nachvollziehen. Die meisten Ereignisse kann man meist allerdings sehr gut aus der Historie oder mit einem Blick in die Zukunft erklären.



Um sich tiefergehend mit dem Thema zu befassen, kann ich neben meinen Seminaren auch noch einige Bücher empfehlen, die auch bereits oben auf der Seite verlinkt waren.

„1000 Tage in Shanghai“ von Martin Post habe ich ja bereits erwähnt. Viele interessante Eindrücke über die Hintergründe von GM in China bietet Michael Dunne’s „American Wheels, Chinese Roads“. Auch empfehlenswert ist das Buch „Designated Drivers“ von G. E. Anderson. Dieses behandelt die Gegenwart der Autoindustrie und bildet toll die letzten zwei Jahrzehnte ab. Dabei stellt es gut heraus, wie sich die Privatindustrie in China in den letzten Jahren verändert hat. Ein weiteres Buch, das ich sehr empfehlen kann, ist „Changing Lanes in China“ von Eric Thun. Trotz sehr fachlicher Sprache ist das Buch ein super Einstieg in alles, was mit China und der dortigen Automobilindustrie zu tun hat.

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